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Verweigerungsrecht des Notars bei Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses

29.08.2025

LG Dresden, Beschluss vom 06.01.2025 – Aktenzeichen 2 T 658/24

Im Pflichtteilsrecht ist der Pflichtteilsberechtigte darauf angewiesen, dass er hinreichend über die Nachlasshöhe informiert wird. Dies erfolgt in der Regel durch ein privatschriftliches oder ein notarielles Nachlassverzeichnis. Dabei ist es im notariellen Nachlassverzeichnis einerseits zwar so, dass der Notar diesbezüglich eigene Ermittlungen anstellen muss. In der vorliegenden Entscheidung des Landgerichts Dresden zeigt sich allerdings, dass er dabei im besonderen Maße von der Mitwirkung des Erben abhängt.



Beauftragung des Notars

Der Erbe wurde in einem Pflichtteilsprozess im Wege einer Stufenklage dazu verurteilt, ein notarielles Nachlassverzeichnis nach § 2314 Absatz 1 BGB über das Vermögen der Erblasserin erstellen zu lassen.

Er beauftragte sodann einen Notar. Daraufhin forderte der Notar den Erben auf, ihm eine umfassende Vollmacht zu unterzeichnen, die ihn bevollmächtigt unter anderem Auskunft von Banken zu erhalten. Der Erbe verweigerte die Vollmacht. Er begründete dies damit, dass er mit der Kassenärztlichen Vereinigung Rücksprache genommen habe und er daher der Meinung sei, er sei nicht dazu berechtigt, eine Vollmacht für das Konto zu erstellen, über das dürfe keine die Einnahmen der Zahnarztpraxis der Erblasserin abgerechnet wurden, da die dortigen Informationen der ärztlichen Schweigeplicht unterlägen.

Ferner forderte der Notar, dass ein Sachverständigengutachten zum Wert der im Nachlass befindlichen Eigentumswohnung eingeholt werde. Auch dies verweigerte der Erbe. In diesem Fall führte er aus, dass bereits ein (älteres) Sachverständigengutachten vorläge und zudem die Einholung eines neuen Gutachtens unverhältnismäßig hohe Kosten im Vergleich zum übrigen Nachlass auslösen würde.

Weigerung des Notars das Nachlassverzeichnis zu erstellen

Nachdem der Notar und der Erbe sich hinsichtlich dieser Punkte nicht einig wurden, erklärte der Notar gegenüber dem Erben, dass er das notarielle Nachlassverzeichnis fertigstellen zu können, da der Erbe die geforderte Mitwirkung verweigerte.

Gerichtsverfahren

Der Fall landete beim Landgericht Dresden. Das Gericht bestätige die Sicht des Notars. Er war berechtigt, die weitere Tätigkeit abzulehnen, da der Erbe verpflichtet ist, bei der Sachverhaltsaufklärung durch den Notar im erforderlichen und zumutbaren Umfang mitzuwirken. Da er dies unterlassen hat, konnte der Notar nicht weiter tätig werden. Grundsätzlich ist es so, dass der Notar dazu verpflichtet, selbst Ermittlungen im Hinblick auf den Nachlass anzustellen. Er kann jedoch bestimmte Auskünfte (wie beispielsweise Kontoauskünfte) nur einholen, wenn der Erbe hieran mitwirkt.

Dabei wies das Gericht auch darauf hin, dass die ärztliche Schweigepflicht grundsätzlich einem Einsichtsrecht in die Konten nicht entgegenstehe, da in diesen Fällen lediglich Zahlungen von Patienten offengelegt werden, jedoch keine personenbezogenen Daten.

Vorlage eines aktuellen Sachverständigengutachtens nicht erforderlich

Demgegenüber sei jedoch allein die Forderung eines aktuellen Sachverständigengutachtens durch den Notar kein ausreichender Grund, um die Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses zu verweigern. Dies gelte im vorliegenden Fall insbesondere, da eine solche Verpflichtung sich auch nicht aus dem in der Stufenklage erlangten Urteil auf Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses ergäbe.

Interessen des Pflichtteilsberechtigten müssen gewahrt werden

Die Entscheidung des Landgerichts Dresden ist richtig. Der Notar ist darauf angewiesen, dass der Erbe mitwirkt. Wenn der Erben die Mitwirkung verweigert, ist eine Erstellung des Nachlassverzeichnisses nicht möglich. Leidtragender wäre andernfalls der Pflichtteilsberechtigte, der die Angaben des Erben glauben muss, ohne in der Regel selbst die Kontoauszüge prüfen zu können. Die Auskunftsrechte des Pflichtteilsberechtigten sind insoweit eingeschränkt (siehe hierzu auch die Entscheidung des OLG München zum Auskunftsrecht des Pflichtteilsberechtigten).

Letztendlich dürfte es aus Sicht des Pflichtteilsberechtigten gerade der Grund sein, dass ein notarielles Nachlassverzeichnis gefordert wird, da in diesem Fall wenigstens der Notar die Kontoauszüge einsehen können muss. Auf der anderen Seite ist zu überlegen, ob die Thematik nicht dadurch entschärft werden könnte, wenn eine generelle Belegpflicht (wie im familienrechtlichen Zugewinnrecht) eingeführt werden sollte.

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