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Ausschlagung der Erbschaft durch bevollmächtigten Anwalt

12.03.2025

OLG Frankfurt a. M. Beschluss vom 16.1.2025 – Aktenzeichen 21 W 123/24

Im Erbfall stellt sich häufig bereits direkt eine der wichtigsten Rechtsfragen: Soll die Erbschaft ausgeschlagen werden? In Deutschland gilt, wenn die Erbschaft nicht innerhalb der gesetzlichen Frist ausgeschlagen wird, ist sie angenommen. Einer besonderen Annahmeerklärung bedarf es nicht. Da die Ausschlagungsfrist in der Regel nur sechs Wochen ab Bekanntgabe der letztwilligen Verfügung beträgt, ist es wichtig, dass man hier kühlen Kopf bewahrt, um in der knapp bemessenen Zeit die richtige Entscheidung zu treffen. Häufig gibt es Konstellationen, in denen der Ausschlagende der Meinung war, dass der Nachlass wertlos oder sogar überschuldet ist. Wenn sich später herausstellt, dass der Nachlass doch Vermögen enthält, ist zu prüfen, ob die Anfechtung der Ausschlagungserklärung noch helfen kann. Einen solchen Fall hatte jüngst das OLG Frankfurt a.M. zu entscheiden.




Ausschlagungserklärung

Nach dem Tod seines Vaters schlug sein einziger Sohn, der nach der gesetzlichen Erbfolge Erben werden sollte, die Erbschaft aus. Er erklärte die Ausschlagung zusätzlich auch für seinen minderjährigen Sohn. Dabei gab er an, dass der Nachlass überschuldet sei. Im Nachgang stellte sich jedoch heraus, dass im Nachlass noch eine Pflegegeldforderung über EUR 18.000,00 existierte.


Anfechtungserklärung durch Rechtsanwalt

Als der Sohn davon erfuhr, beauftragte er seinen Rechtsanwalt, die Anfechtung der Ausschlagung zu erklären wegen eines Irrtums über eine wesentliche Eigenschaft des Nachlasses. In der Anlage zum Schriftsatz war eine Vollmacht beigefügt. Erst nach Hinweis des Nachlassgerichts reichte der Verfahrensbevollmächtigte des Sohnes eine Vollmacht in öffentlich beglaubigter Form im Original nach.


Erbscheinantrag abgelehnt

Im weiteren Verlauf beantragte der (vermeintliche) Erbe einen auf sich lautenden Erbschein. Das Nachgericht wies den Antrag zurück, da die ursprüngliche Anfechtung nicht formgerecht erfolgt sei. Der Beschwerde des Antragstellers wurde nicht abgeholfen. Das Oberlandesgericht Frankfurt musste in der Sache entscheiden.

Oberlandesgericht bestätigt das Nachlassgericht

Die Richter stellten fest, dass der Sohn des Erblassers die Erbschaft wirksam ausgeschlagen hat, während die Anfechtung nicht wirksam war. Die Anfechtungserklärung unterliegt den gleichen Formvorschriften wie die Ausschlagung, § 1955 BGB. Das bedeutet, dass auch die Anfechtung der Ausschlagung entweder zu Protokoll beim Gericht oder durch öffentlich beglaubigte Erklärung abgegeben werden muss. Die Erklärung kann auch durch einen Bevollmächtigten erklärt werden. Jedoch bedarf in diesem Fall der Bevollmächtigte in diesem Fall einer öffentlich beglaubigten Vollmacht, § 1945 Absatz 3 Satz 1 BGB. Wenn die Vollmacht nicht gleichzeitig mit der Erklärung eingereicht wurde, muss diese innerhalb der Ausschlagungsfrist nachgereicht werden, § 1945 Absatz 3 Satz 2 BGB.

Diesen Anforderung hat die vom Rechtsanwalt des Antragsteller eingereichte Anfechtung nicht genügt. Hieran ändert sich auch nichts, dass die Erklärung mittels beA (besonderes elektronisches Anwaltspostfach) eingereicht wurde. Die nachgereichte (formgültige) Erklärung war verspätet und daher nicht mehr zu berücksichtigen.

Besser zum Fachanwalt

Die Ausschlagung der Erbschaft bedarf einer umsichtigen Prüfung der Sach- und Rechtslage. Eine einmal getroffene Entscheidung lässt sich nur im Ausnahmefall mittels Anfechtung wieder rückgängig machen. Doch auch in diesen Fällen sind die Tücken des Erbrechts zu beachten, wie die Entscheidung des OLG Frankfurt eindrücklich zeigt. Die Formvorschriften sind sowohl bei der Ausschlagung selbst als auch bei deren Anfechtung zu beachten.

Dies ist gerade bei lenkenden Ausschlagungen, bei denen möglicherweise Steuervorteile durch Freibeträge genutzt werden sollen, genauso zu beachten, wie bei etwaigen Pflichtteilsansprüchen.

Unsere Rechtsanwälte und Fachanwälte von sherb sind Experten im Erbrecht und beraten Sie aus Frankfurt am Main und Berlin gerne bundesweit in allen Fragen des Erbrechts und des Pflichtteilsrechts.

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Autor: Rechtsanwalt Dr. Daniel Elias Serbu

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