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Erbfall Papst Benedikt XVI. - Deutsche Gerichte sind unzuständig

15.09.2024

Oberlandesgericht München, Beschluss vom 12.6.2024 – Aktenzeichen 33 Wx 270/23 e

Die Europäische Erbrechtsverordnung regelt nicht nur die Frage, welches Erbrecht im Erbfall anzuwenden ist, sondern auch von welchem Mitgliedstaats die Gerichte zuständig sind. Insofern ist es durchaus möglich, dass zwar die Gerichte eines Mitgliedstaats zuständig sind, diese jedoch das Erbrecht eines anderen Staates anzuwenden haben. Im vorliegenden Fall ging es um den Antrag eines Gläubigers auf Anordnung einer Nachlasspflegschaft zur Ermittlung der Erben. Erblasser war niemand geringeres als Papst Benedikt XVI. Das angerufene Amtsgericht München wies den Antrag zurück, da es aus seiner Sicht gar nicht international zuständig gewesen sei. Der Fall landete schließlich beim Oberlandesgericht München, welches sich der Ansicht des Amtsgerichts anschloss und den Antrag endgültig zurückwies.




Antrag auf Nachlasspflegschaft zur Ermittlung des Erben

Der Antragsteller beantragte im Jahr 2023 beim Nachlassgericht die Anordnung einer Nachlasspflegschaft zur Ermittlung des Erben beziehungsweise der Erben, da er ein zivilrechtliches Verfahren vor dem Landgericht Traunstein gegen Benedikt XVI. anstrengte, welches er nun gegen dessen Erben fortführen wollte. Das Gericht war jedoch der Ansicht, dass bereits keine internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit vorläge, so dass der Antrag abgelehnt wurde.

Letzter Wohnsitzstaat

Das Oberlandgericht München kam letztlich zum gleichen Ergebnis. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass Papst Benedikt XVI. seit 2005 seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Staat Vatikanstadt hatte. Dies hatte sich auch nicht geändert, als er das Amt des Papstes abgab.

Mithin ergibt sich die internationale Zuständigkeit nicht aus der Generalklausel des Artikel 4 EU-Erbrechtsverordnung, der grundsätzlich auf den Staat des letzten Wohnsitzes des Erblassers verweist.

Passiv sind kein Nachlassvermögen

Zu prüfen war noch, ob die internationale Zuständigkeit nach Artikel 10 EU-Erbrechtsverordnung eröffnet war. Nach dieser Vorschrift sind die Gerichte des Staates zuständig, in dem der Erblasser Nachlassvermögen hatte, wenn er die dortige Staatsangehörigkeit besaß.

Die Frage der Staatsangehörigkeit von Papst Benedikt XVI. ließ das Gericht offen, da nach Ansicht des Oberlandesgerichts Benedikt in Deutschland gar kein Vermögen besaß und somit Artikel 10 EU-Erbrechtsverordnung nicht einschlägig gewesen ist. Sowohl sein Elternhaus als auch sein ehemaligen Wohnsitz in Deutschland gehörten ihm nicht mehr. Anderes in Deutschland belegenes Vermögen hatte er nicht. Passiva, das heißt Schulden, zählen nicht zum Nachlassvermögen in dem Sinne.

Notzuständigkeit?

Schließlich verneinte das Gericht auch die sogenannte Notzuständigkeit nach Artikel 11 EU-Erbrechtsverordnung. Diese ist dann eröffnet, wenn es nicht zumutbar ist oder sich als unmöglich erweist, ein Verfahren in einem Drittstaat, zu dem die Sache einen engen Bezug aufweist, einzuleiten. Dies ist jedoch im Staat Vatikanstaat nicht der Fall. Ein Verfahren kann dort eingeleitet werden, da es im Vatikanstadt vier unabhängige und funktionsfähige Gerichte gibt.

Welches Erbrecht ist anwendbar?

Im vorliegenden Fall kam das Gericht zutreffend zu dem Ergebnis, dass bereits die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nicht eröffnet ist; mithin sind deutsche Gerichte unzuständig.

Daher sparte sich das Gericht die Beantwortung der Frage, ob vorliegend überhaupt deutsches Erbrecht anwendbar gewesen ist. Viel dürfte dafür sprechen, dass dies nicht der Fall war, da sich dieses in der Regel nach dem letzten Wohnsitz des Erblassers richtet (Artikel 21 EU-Erbrechtsverordnung).

Und wer besteuert das Erbe?

Davon völlig unabhängig ist die Frage, welches Erbschaftsteuerrecht im konkreten Fall anzuwenden ist. Dabei kommt es nämlich nicht nur auf den letzten Wohnsitz des Erblassers, sondern auch auf den Sitz der Erbin / des Erben an. Da vorliegend die Erbfolge noch gar nicht geklärt ist, ist eine abschließende Beurteilung dieser Frage noch nicht möglich.

Unsere Rechtsanwälte und Fachanwälte von sherb sind Experten im Erbrecht - insbesondere auch im internationalen Erbrecht mit grenzüberschreitenden Fällen - sowie im Steuerrecht. Wir beraten Sie aus Frankfurt am Main und Berlin gerne bundesweit in allen Fragen des Erbrechts und Steuerrechts.



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Autor: Rechtsanwalt Dr. Daniel Elias Serbu

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