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Der geschäftsführende Zahnarzt als Freiberufler

12.05.2025

Urteil des Bundesfinanzhofs vom 04.02.2025 – VIII R 4/22

In seinem jüngst veröffentlichten Urteil hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass ein als Zahnarzt zugelassener Mitunternehmer auch dann seinen freien Beruf im Rahmen eines Zusammenschlusses von Berufsträgern ausübt, wenn er neben einer gegebenenfalls äußerst geringfügigen behandelnden Tätigkeit vor allem und weit überwiegend organisatorische und administrative Leistungen für den Praxisbetrieb der Mitunternehmerschaft erbringt.



Die freiberufliche Zahnarzt-Partnerschaft

Die Klägerin war eine Partnerschaftsgesellschaft, in der sich insgesamt sieben Partner als Zahnärzte zusammengeschlossen hatten.

Einer der (Senior-)Partner erbrachte in nur sehr geringem Umfang zahnärztliche Tätigkeiten und war im Übrigen mit organisatorischen und administrativen Tätigkeiten der Partnerschaft befasst. So betreute er die vertraglichen Angelegenheiten, die Vertretung der Gesellschaft gegenüber Behörden und Kammern, Gerichten, Banken oder dem Steuerberater und übernahm die interne Revision. Zudem fiel die Instandhaltung sämtlicher zahnärztlicher Gerätschaften und Einrichtungsgegenstände, die Qualitätssicherung und Personalangelegenheiten in seinen Tätigkeitsbereich. Er war nur an einem Werktag zu einem „Reparaturtag“ in der Praxis und beriet im gesamten Streitjahr nur fünf Patienten konsiliarisch. Der Umsatz aus seiner behandelnden Tätigkeit belief sich auf nur 0,03 % des Gesamtumsatzes der Zahnarztpraxis.

Finanzamt: Einkünfte sind gewerblich

Im Nachgang zu einer Betriebsprüfung änderte das Finanzamt die Feststellungsbescheide für die Partnerschaftsgesellschaft dahingehend, dass es die Einkünfte der Zahnärzte-Partnerschaft nicht wie bisher als freiberufliche Einkünfte, sondern als gewerbliche Einkünfte qualifizierte.

FG Rheinland-Pfalz: gewerbliche Infektion aller Freiberufler-Einkünfte

Der hiergegen eingelegte Einspruch sowie die anschließende Klage vor dem Finanzgericht Rheinland-Pfalz blieben erfolglos. Im finanzgerichtlichen Verfahren stellt das Gericht der ersten Instanz fest, dass bei einer Konzentration der Organisations-, Verwaltungs- und Management-Aufgaben auf einen Mitunternehmer (Partner), der nahezu keinerlei zahnärztliche Beratungs- und Behandlungsleistungen mehr unmittelbar an den Patienten erbringt, die Voraussetzungen einer selbständig ausgeübten Tätigkeit bei diesem Partner nicht mehr erfüllt sind und dadurch sämtliche Einkünfte der gesamten Partnerschaft als gewerblich infiziert.

BFH: kaufmännische Führung ist freiberuflich

In seinem Urteil vom 04.02.2025 hat der Bundesfinanzhof das Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz im Revisionsverfahren aufgehoben und den Gewinnfeststellungsbescheid dahingehend geändert, dass anstelle der vom Finanzamt festgestellten gewerblichen Einkünfte nunmehr freiberufliche Einkünfte festzusetzen sind.

Der Bundesfinanzhof stellt zunächst nochmals klar, dass die Personengesellschaft (Zahnarzt-Partnerschaftsgesellschaft) Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit nur erzielen kann, wenn alle Gesellschafter die Voraussetzungen einer freiberuflichen Tätigkeit erfüllen. Eine Aufteilung der Einkünfte und in solche aus Gewerbebetrieb ist bei der Personengesellschaft nicht möglich.


Der Bundesfinanzhof führt sodann aus, dass eine patientenbezogene Betrachtung auch dann eine freiberufliche Tätigkeit für die gesamte Partnerschaft nicht ausschließe, wenn ein Zahnarzt-Partner im Rahmen eines größeren Zusammenschlusses von Berufsträgern (Partnerschaft) neben einer äußerst geringfügigen behandelnden Tätigkeit überwiegend organisatorische und administrative Leistungen für den Praxisbetrieb der Partnerschaft erbringt.


Denn auch in diesem Fall erbringt der betreffende Partner mit dem Berufsbild des Zahnarztes verbunden Tätigkeiten. Denn die kaufmännische Führung und Organisation der Personengesellschaft ist die Grundlage für die am Markt erbrachten berufstypischen zahnärztlichen Leistungen. Deshalb ist auch diese Tätigkeit (kaufmännische Führung und Organisation) Ausdruck der freiberuflichen Mit- und Zusammenarbeit und der persönlichen Teilnahme des Berufsträgers an der praktischen Arbeit.

Freiberufliche oder gewerbliche Einkünfte – na und?

Die freiberufliche Tätigkeit ist insoweit steuerlich privilegiert, dass die Einkünfte nicht der Gewerbesteuer unterfallen. Das Gesetz zählt hierzu in § 18 Abs. 1 EStG einige typische freiberufliche Tätigkeiten, die sogenannten Katalogberufe, wie (Zahn-)Ärzte, Rechtsanwälte, Steuerberater, Notare, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder auch Heilpraktiker, Journalisten etc. auf. Wenn sich diese Freiberufler oder Berufsträger in einer Personengesellschaft zusammenschließen, erbringen sie insgesamt freiberufliche Tätigkeit, sofern sie nicht eine schädliche (infizierende) Tätigkeit ausüben bzw. Leistung anbieten.

Im Fall einer solchen gewerblichen Infektion, werden die Freiberufler gewerbesteuerpflichtig. Dies bedeutet, dass sie auf ihre Einkünfte neben der Einkommensteuer auch Gewerbesteuer – im Durchschnitt rd. 14 % - entrichten müssen. Diese können sich die Freiberufler jedoch bis zu einem gewissen Betrag auf ihre Einkommensteuer anrechnen (§ 35 EStG). Eine tatsächliche Belastung bei den Freiberufler entsteht nur dann, wenn der Hebesatz am jeweiligen Sitz der Praxis oder Kanzlei 400 % überschreitet.

Frohe Botschaft für Freiberufler – wenn auch inhaltlich wenig überzeugend

Zunächst lässt sich konstatieren, dass die Entscheidung des Bundesfinanzhofs den Freiberufler-Personengesellschaften (GbR oder Partnerschaftsgesellschaften) in die Karten spielt. Häufig stellt sich insbesondere bei größeren Einheiten von Steuerberatern, Ärzten oder Rechtsanwälten die Problematik, dass ein oder eine Partner/in geschäftsführend agiert und aufgrund des Umfangs dieser strategischen, organisatorischen und mitunter administrativen Tätigkeiten kaum Zeit für die originäre freiberufliche Tätigkeit in Form der eigenverantwortlichen Patientenbehandlung oder Mandatsbetreuung findet. Hiermit geht ein nicht zu vernachlässigendes Gewerbesteuer-Risiko für die gesamte Partnerschaft einher, wenn die Finanzbehörde – wie im Entscheidungsfall – den originären freiberuflichen Anteil dieser geschäftsführenden Person als zu gering erachtet.

Die Entscheidung bringt daher für die Freiberufler-Personengesellschaften deutlich höhere Planungs- und Rechtssicherheit. Dennoch ist die Begründung des Bundesfinanzhofs inhaltlich wenig überzeugend. Die nicht-freiberufliche Tätigkeit – namentlich die kaufmännische Führung und Organisation – sei Grundlage für die am Markt erbrachten berufstypischen zahnärztlichen Leistungen und daher zugleich Ausdruck der freiberuflichen Mit- und Zusammenarbeit.

In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob dies nicht für jede – personengesellschaftlich organisierte Einheit gelten müsste. So bedarf auch die (nicht freiberufliche) Apotheker-Personengesellschaft kaufmännischer Führung und Organisation, um am Markt ihre berufstypischen Leistungen erbringen zu können. Dennoch ist sie aufgrund des Betriebs einer Apotheke zwingend ein Gewerbebetrieb und damit gewerbesteuerpflichtig.

Richtig ist, dass eine (größere) Einheit von Freiberuflern einer kaufmännischen Führung und Organisation bedarf – so wie im Übrigen jedes am Markt tätige Unternehmen – und daher in aller Regel ein Partner einen größeren Anteil dieser Tätigkeiten übernimmt, gleichwohl verhältnismäßig gleich am Gesamtgewinn der Partnerschaft beteiligt ist. Dennoch verliert die Freiberufler-Eigenschaft mit der vom BFH angeführten Begründung deutlich an Kontur, wenn nunmehr der minimale Umfang der freiberuflichen Tätigkeit eines (fast) ausschließlichen Geschäftsführer-Partners ausreicht, um das steuerlichen Erscheinungsbild der Freiberufler-Personengesellschaft zu bewahren. Wo besteht die Grenze des äußerst geringen Umfangs – 1 Patient oder 1 Mandat pro Jahr?

Unterstützung durch Fachanwälte für Steuerrecht

Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs und vor allem der Vorinstanz zeigt, dass im Bereich der Freiberuflichkeit stets das Damoklesschwert der gewerblichen Infizierung mit schwebt. Daher ist es sinnvoll, sich rechtzeitig mit den Rechtsfolgen einer möglichen Gewerblichkeit zu befassen und besser noch, rechtzeitig dem durch entsprechende Gestaltung gegenzusteuern.

Unsere Fachanwälte für Steuerrecht beraten Sie hierzu gerne und vertreten Sie im Ernstfall gerne auch vor den Finanzgerichten im Steuerstreit gegen die Finanzbehörden. Kontaktieren Sie uns gerne jederzeit für ein Erstgespräch oder buchen Sie gleich einen Termin für eine individuelle Beratung!

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