Zur erbschaftsteuerfreien Übertragung eines Familienheims
24.07.2025
FG Niedersachsen, Urteil vom 14.5.2025 – 3 K 80/24
Die steuerfreie Familienheimübertragung ist äußerst nützliches Instrument zur steueroptimierten Nachfolgeplanung. Dabei sollte man jedoch stets berücksichtigen, dass diese steuerliche Privilegierung von der Rechtsprechung und der Finanzverwaltung äußerst restriktiv zugelassen wird, so dass eine umsichtige Planung unumgänglich wird. Insbesondere die Frage des rechtzeitigen Einzuges nach dem Erbfall ist regelmäßig Gegenstand von finanzgerichtlichen Verfahren. So auch in einer aktuellen Entscheidung des Finanzgerichts Niedersachen (Urteil vom 14.05.2025 – 3 K 80/24).
Testamentarische Regelung
Der verstorbene Erblasser hat in seinem Testament festgehalten, dass sein Sohn Alleinerbe werden sollte. Gleichzeitig ordnete er zugunsten seiner ihn überlebenden Ehefrau ein Vermächtnis an, wonach diese in der gemeinsam bewohnten Ehewohnung (Familienheim) ein lebenslanges Wohnrecht erhalten sollte. Nach seinem Tod wohnte die Mutter tatsächlich zunächst allein in der Ehewohnung. Sie musste jedoch bereits nach einer kurzen Zeit aus gesundheitlichen Gründen in ein Pflegeheim ziehen. Anschließend ließ der Sohn das Objekt renovieren und zog anschließend mit seiner Frau in das Elternhaus.
Erbschaftsteuerbescheid
Im Rahmen der erbschaftsteuerlichen Veranlagung beantragte der Sohn die Steuerbefreiung des Familienheims nach § 13c Absatz 1 Nr. 4c ErbStG. Er erläuterte, dass der gesundheitliche Zustand seiner Mutter es nicht mehr zugelassen haben, dass sie das Objekt weiter selbst bewohne, so dass sie in ein Pflegeheim umziehen musste und er und seine Frau das Haus selbst bezogen haben.
Die Finanzbehörde lehnte diese Argumentation ab. Die Steuerbefreiung setze voraus, dass der Steuerpflichtige unverzüglich den Grundbesitz als Familienheim nutze. Da das Objekt zunächst durch die Mutter aufgrund des Wohnungsrechts genutzt wurde, habe er es nicht unverzüglich bezogen. Es liege kein vorübergehender Hinderungsgrund wie etwa bei einer Sanierung vor, bei dem anerkannt ist, dass der Einzug sich um circa sechs Monate verzögern könne. Der Sohn erhob hiergegen Klage vor dem Finanzgericht Niedersachsen.
Klage vor dem Finanzgericht
Die Finanzrichter gaben dem Kläger recht. Zwar müsse der geerbte Grundbesitz unmittelbar zur Selbstnutzung als Familienheim bestimmt sein und der gefasste Entschluss zur Selbstnutzung muss durch nach außen hin erkennbare objektive Umständen umgesetzt werden. Dies sei vorliegend – entgegen der Ansicht des Finanzamtes - der Fall.
Wohnungsrecht eines Dritten ist ein hinreichender Hinderungsgrund
Auch wenn die Selbstnutzung erst nach Ablauf von sechs Monaten erfolgt, kann dies für den Tatbestand nach § 13c Absatz Nr. 4c ErbStG ausreichen, wenn eine tatsächliche Nutzung nicht früher möglich war und der Steuerpflichtige diese Gründe nicht zu vertreten hat. Vor diesem Hintergrund sah das Gericht es als erwiesen an, dass derartige Hinderungsgründe vorgelegen haben, da der Sohn aufgrund des seiner Mutter zustehenden lebenslänglichen Wohnrechts die Wohnung nicht zur Selbstnutzung bestimmen konnte. Die Richter kamen zu dem Ergebnis, dass das einem Dritten testamentarische eingeräumte Wohnungsrecht eines Dritten einem relevanten rechtlichen Einzugshindernis gleich komme.
Das Gericht argumentierte weiter, dass der Sohn jedenfalls innerhalb von sechs Monaten ab dem Auszug seiner Mutter die Bestimmung des Objektes Selbstnutzung hinreichend nach außen manifestiert habe, indem er die Sanierung so weit vorantrieb, wie es die Marktlage zuließ. Dabei berücksichtigte das Gericht auch, dass aufgrund des Streitjahres 2022 mit der noch andauernden Corona-Krise sowie des Ukrainekrieges der Zugang sowohl zu Handswerksleistungen als auch zu Materialien eingeschränkt gewesen ist. Aus diesen Gründen sei es unschädlich, dass zwischen dem tatsächlichen Erbfall und dem letztlich erfolgten Einzug des Klägers in das Familienheim fast zwei Jahre vergangen seien.
Fazit
Gerade die gesetzliche Privilegierung der Übertragung des Familienheims ist ein wesentlicher Baustein einer umsichtigen vermögensrechtlichen Nachfolgeplanung. Dabei sollte stets im Blick bleiben, dass das Familienheim unverzüglich nach dem Erbfall zu eigenen Wohnzwecken bestimmt werden muss. Die Entscheidung des Finanzgerichts Niedersachsen zeigt dabei allerdings klar auf, dass selbst bei diesen hohen Anforderungen zumindest ein gewisser Spielraum verbleiben kann, wenn dem Einzug tatsächliche (oder rechtliche) Hinderungsgründe entgegenstehen.
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