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Steuerliche Bewertung Grundbesitz

Dr. Deniz Hoffmann

Dr. Deniz Hoffmann

Partner
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Steuerrecht

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Die Bewertung von Grundbesitz spielt im Erbschaft- und Steuerrecht eine zentrale Rolle. Sie ist maßgeblich für die Berechnung von Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer, wirkt sich auf die steuerliche Belastung der Erben aus und hat auch im Rahmen von Erbauseinandersetzungen eine hohe praktische Bedeutung. Eine fehlerhafte Bewertung kann zu erheblichen finanziellen Nachteilen führen und in vielen Fällen langwierige Rechtsstreitigkeiten auslösen.


Bewertung von Grundbesitz: So erfolgt die Berechnung

Die rechtliche Basis für die steuerliche Bewertung von Grundvermögen findet sich in den Vorschriften des Bewertungsgesetzes (BewG). Dieses regelt, wie der Wert von Grundstücken, Gebäuden und grundstücksgleichen Rechten ermittelt wird, wenn er für steuerliche Zwecke relevant ist. Die zentrale Norm ist § 157 BewG, der auf die besonderen Bewertungsverfahren für Grundvermögen verweist.

Welches Verfahren angewendet wird, hängt von der Art des Grundstücks und dessen Nutzung ab. Die Finanzverwaltung ist an diese gesetzlich vorgegebenen Methoden gebunden.

Unbebaute Grundstücke: einfache Formel, klare Regeln

Ein unbebautes Grundstück ist eines, auf dem kein nutzbares Gebäude steht (§ 178 Abs. 1 BewG). Selbst wenn ein Gebäude vorhanden ist, zählt es als unbebaut, wenn es dauerhaft unbrauchbar ist – etwa nach einem Brand oder jahrzehntelangem Verfall (§ 178 Abs. 2 BewG).

Die Bewertung ist hier besonders geradlinig:

Grundstücksfläche × Bodenrichtwert = Grundbesitzwert (§ 179 BewG)

Der Bodenrichtwert wird vom zuständigen Gutachterausschuss ermittelt. Fehlt ein aktueller Wert, wird er aus vergleichbaren Grundstücken abgeleitet.

Wichtig: Besondere Merkmale wie ungünstige Grundstückszuschnitte oder Altlasten werden in der Regel nicht berücksichtigt. Wer der Meinung ist, dass solche Faktoren den Wert mindern, muss dies mit einem Gutachten nach § 198 BewG nachweisen.

Bebaute Grundstücke: So finden Sie die richtige Kategorie

Befindet sich ein benutzbares Gebäude auf dem Grundstück, gilt es als bebaut (§ 180 Abs. 1 BewG). Bevor der Wert berechnet wird, muss die Immobilie in eine gesetzlich definierte Grundstücksart eingeordnet werden (§ 181 BewG).

Das Gesetz unterscheidet:

  • Ein- und Zweifamilienhäuser: bis zu zwei Wohnungen, geringe Mitnutzung für andere Zwecke unschädlich.

  • Mietwohngrundstücke: über 80 % Wohnnutzung, keine Ein- oder Zweifamilienhäuser.

  • Wohnungs- und Teileigentum: Sondereigentum an Wohnungen oder nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen.

  • Geschäftsgrundstücke: über 80 % gewerbliche oder öffentliche Nutzung.

  • Gemischt genutzte Grundstücke: gemischte Nutzung, keine der obigen Kategorien zutreffend.

  • Sonstige bebaute Grundstücke: alle übrigen Fälle.


Diese Einordnung ist entscheidend, denn sie bestimmt, welches Bewertungsverfahren angewendet wird.

Grundbesitzwert ermitteln: Welche Bewertungsverfahren gibt es?

​​Das Bewertungsgesetz sieht für die Ermittlung des Grundbesitzwertes drei standardisierte Verfahren vor. Diese Verfahren sollen eine realitätsnahe Annäherung an den Verkehrswert sicherstellen und werden je nach Art, Nutzung und Marktsituation der Immobilie angewendet. Die Auswahl des richtigen Verfahrens richtet sich dabei nach klaren gesetzlichen Vorgaben und den vorhandenen Marktdaten.

1. Vergleichswertverfahren

Dieses Verfahren kommt bei Wohnungseigentum, Teileigentum sowie Ein- und Zweifamilienhäusern zum Einsatz (§ 182 Abs. 2 BewG). Der Wert wird aus Verkäufen ähnlicher Objekte oder aus sogenannten Vergleichsfaktoren berechnet.

Sind nur Vergleichsfaktoren für das Gebäude bekannt, wird der Bodenwert separat nach § 179 BewG ermittelt und addiert.

2. Ertragswertverfahren

Das Ertragswertverfahren wird bei Mietwohngrundstücken, Geschäftsgrundstücken und gemischt genutzten Grundstücken genutzt, wenn für alle Gebäudeteile eine ortsübliche Miete ermittelt werden kann (§ 182 Abs. 3 BewG).

Schritt für Schritt:

  • Bodenwert berechnen wie bei unbebauten Grundstücken.

  • Reinertrag ermitteln: Rohertrag (ortsübliche oder vereinbarte Nettokaltmiete) minus Bewirtschaftungskosten.

  • Gebäudereinertrag: Reinertrag abzüglich Bodenwertverzinsung (Bodenwert × Liegenschaftszinssatz).

  • Gebäudeertragswert: Kapitalisierung des Gebäudereinertrags mit dem gesetzlich vorgegebenen Vervielfältiger (abhängig von Restnutzungsdauer und Zinssatz).

  • Ertragswert des Grundstücks (Grundbesitzwert): Gebäudeertragswert + Bodenwert.


Modernisierungen können die Restnutzungsdauer erhöhen – und damit den Wert.

3. Sachwertverfahren

Das Sachwertverfahren kommt zum Einsatz, wenn kein Vergleichswert vorliegt und das Ertragswertverfahren nicht passt, zum Beispiel bei bestimmten Geschäftsgrundstücken oder „sonstigen“ bebauten Grundstücken (§ 182 Abs. 4 BewG).

Vorgehensweise:

  • Bodenwert wie bei unbebauten Grundstücken.

  • Gebäudesachwert: Regelherstellungskosten je m² × Baupreisindex × Bruttogrundfläche, angepasst mit Regionalfaktor und Alterswertminderungsfaktor.

  • Außenanlagen: Nur gesonderter Ansatz, wenn ihr Wert 10 % des Gebäudesachwerts übersteigt.

  • Vorläufiger Sachwert: Summe aus Bodenwert, Gebäudesachwert und ggf. Außenanlagen.

  • Endwert: Anpassung an den gemeinen Wert über eine gesetzliche Wertzahl (§ 191 BewG).

Bewertung von Grundbesitz mit Immobilien: Die wichtigsten Einflussfaktoren

Der Wert einer Immobilie wird durch zahlreiche Faktoren beeinflusst, darunter:

  • Lage und Infrastruktur

  • Grundstücksgröße und Zuschnitt

  • Art und Alter der Bebauung

  • Bausubstanz und Modernisierungsgrad

  • Nutzungsmöglichkeiten und rechtliche Rahmenbedingungen (z. B. Bebauungspläne)

  • Marktentwicklung und Nachfrage


Ein genauer Blick auf diese Faktoren ist entscheidend, um eine marktgerechte und vorteilhafte steuerliche Bewertung vom Grundbesitz zu erreichen.

Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer bei Bewertung von Grundbesitz

Die Vorschriften zur Grundbesitzbewertung sind insbesondere für die Erbschaft- und Schenkungsteuer relevant. Nach § 12 Abs. 3 ErbStG wird der Wert des Grundbesitzes grundsätzlich nach den Regelungen des Bewertungsgesetzes ermittelt. Das Ziel ist eine realitätsnahe Bemessungsgrundlage, die sich am Verkehrswert orientiert.

Da die Steuerlast bei Erbschaften und Schenkungen direkt vom festgestellten Grundbesitzwert abhängt, hat die Bewertung unmittelbare finanzielle Konsequenzen. Eine zu hohe Bewertung führt zu einer unnötig hohen Steuerbelastung, eine zu niedrige Bewertung kann dagegen steuerliche Risiken und mögliche Korrekturen durch das Finanzamt nach sich ziehen.

Im Erbfall treten oft zusätzliche Fragen auf. So kann es beispielsweise um die Bewertung von im Ausland gelegenem Grundbesitz gehen, für den besondere Regelungen gelten. Auch bei Erbengemeinschaften stellt sich die Frage, wie der Grundbesitzwert auf die einzelnen Miterben verteilt wird und ob eine Teilung oder Veräußerung des Grundstücks wirtschaftlich sinnvoll ist.

Ein weiteres Problemfeld ist die Bewertung von Immobilien mit Nießbrauch- oder Wohnrechten. Diese Rechte mindern den Verkehrswert, da sie die Nutzung durch den Eigentümer einschränken. Das Bewertungsgesetz enthält hierfür gesonderte Bewertungsansätze, die den Kapitalwert solcher Rechte berücksichtigen.

Wertminderung: Wie wehre ich mich gegen die Bewertung meines Grundbesitzes?

Die Bewertung des Grundbesitzes erfolgt im Steuerrecht im Rahmen eines Feststellungsverfahrens. Das sogenannte Lage-Finanzamt erlässt hierbei einen Feststellungsbescheid, in dem der Grundbesitzwert für steuerliche Zwecke festgesetzt wird. Dieser Bescheid bildet die Grundlage für die spätere Steuerfestsetzung.

Gegen einen Feststellungsbescheid kann innerhalb eines Monats Einspruch eingelegt werden, wenn Zweifel an der Richtigkeit der Bewertung bestehen. In der Praxis ist es daher ratsam, die Bewertung durch einen unabhängigen Sachverständigen überprüfen zu lassen, um gegebenenfalls eine Herabsetzung zu erreichen.

Nach § 198 BewG kann der niedrigere gemeine Wert nachgewiesen werden, wenn er den festgestellten Grundstückswert unterschreitet. Voraussetzung dafür ist, dass der Gutachter nach § 198 Abs. 2 BewG öffentlich bestellt und vereidigt ist oder über eine vergleichbare Qualifikation verfügt.

Besonders relevant ist dies bei schwachen Immobilienmärkten, bei baulichen Mängeln oder wenn ein Objekt nur eingeschränkt nutzbar ist. Hier können auch untypische Grundstücksmerkmale wie ungünstige Zuschnitte, Denkmalschutzauflagen oder Altlasten zu einer Wertminderung führen.

So unterstützt Sie ein Anwalt für Erb- und Steuerrecht

Die Erfahrung zeigt, dass die Finanzverwaltung nicht immer den tatsächlichen Marktwert ermittelt. Steuerpflichtige haben das Recht, gegen überhöhte Bewertungen vorzugehen. Der Einspruch gegen den Feststellungsbescheid ist der erste Schritt. Führt dieser nicht zum Erfolg, besteht die Möglichkeit einer Klage vor dem Finanzgericht.

Ein Anwalt für Erb- und Steuerrecht begleitet diesen Prozess von Beginn an. Dazu gehört die Prüfung des Feststellungsbescheids, die rechtliche Einschätzung der Bewertung und die Abstimmung mit einem unabhängigen Sachverständigen. Unsere Kanzlei erstellt gemeinsam mit Mandanten eine fundierte Argumentationsgrundlage, die den rechtlichen und steuerlichen Anforderungen entspricht.

In der gerichtlichen Auseinandersetzung ist ein schlüssiges, von einem öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen erstelltes Gutachten oft entscheidend. Wir sorgen dafür, dass die relevanten Beweise vollständig vorgelegt werden und die rechtlichen Aspekte überzeugend dargestellt sind. Auf diese Weise lassen sich die Chancen auf eine Korrektur des Grundbesitzwertes deutlich erhöhen und eine faire steuerliche Belastung erreichen.

Fazit

Die Bewertung von Grundbesitz ist nicht nur eine technische Frage der Wertermittlung, sondern hat weitreichende rechtliche und steuerliche Folgen. Im Erb- und Steuerrecht entscheidet sie häufig darüber, wie hoch die Steuerlast ausfällt und ob eine einvernehmliche Vermögensaufteilung innerhalb der Erbengemeinschaft gelingt.

Für Erben und Schenker ist es daher von erheblicher Bedeutung, den Bewertungsprozess kritisch zu begleiten, eigene Sachverständige einzuschalten und gegebenenfalls rechtliche Schritte gegen fehlerhafte Bescheide einzuleiten. Eine frühzeitige anwaltliche Beratung stellt sicher, dass alle Möglichkeiten zur Wertminderung genutzt werden und die steuerliche Belastung im Rahmen bleibt.

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