Black Jack beim FG Münster
30.04.2024
Urteil des Finanzgerichts Münster, 10.08.2023 – 3 K 2723/21 F
In einer ausführlichen Entscheidung hat das Finanzgericht Münster dargestellt, wie sich die für die Erbschaft- und Schenkungsteuer relevante Anzahl an Beschäftigten ermittelt. Danach sind nicht die Arbeitszeitanteile (FTE) entscheidend, sondern die Anzahl der Köpfe. So sind auch geringfügig Beschäftigte oder Beschäftigte, die zugleich in einem anderen Betrieb angestellt sind, als Beschäftigte im Sinne des Erbschaftsteuergesetzes anzusehen. Auch der Geschäftsführer – selbst wenn er Erblasser des von ihm hinterlassenen Betriebs bzw. der Gesellschaft war – wird bei der Beschäftigtenzahl berücksichtigt.
Streitfall
Die Klägerin ist eine GmbH, der Erblasser war bei der Klägerin bis zu seinem Ableben geschäftsführender Gesellschafter.
In der Feststellungserklärung gab die Klägerin an, dass bei ihr zum Stichtag (Todestag des Erblassers) insgesamt 3,15 Personen beschäftigt waren und daher die Lohnsummenregelung des § 13a ErbStG keine Anwendung fände, weil die relevante Schwelle von mehr als 5 Beschäftigten nicht überschritten wurde. Die Anzahl der Beschäftigten hatte die Klägerin anhand der Teilzeitstellen und geringfügig Beschäftigten ermittelt.
Das Finanzamt hingegen hat in seinem Feststellungsbescheid die Beschäftigtenanzahl nach Köpfen unabhängig von den Arbeitszeitanteilen ermittelt und mit 12 im Bescheid festgesetzt.
Die dagegen erhobene Klage vor dem Finanzgericht Münster war erfolglos.
Relevanz der Beschäftigtenanzahl
Hintergrund des Rechtsstreits zwischen der Klägerin und dem Feststellungsfinanzamt ist folgender:
Für die Frage, ob Betriebsvermögen oder Anteile an einer Kapitalgesellschaft (GmbH, AG) steuerbegünstigt verschenkt oder vererbt werden kann, sind mehrere Regelungen in den §§ 13a, 13b ErbStG zu beachten. Unter anderem ist dabei die Anzahl der Beschäftigten im übertragenen Betrieb bzw. in der übertragenen Gesellschaft relevant. Ab einer Beschäftigtenanzahl von mehr als 5 Personen ist eine durchschnittliche Lohnsumme der letzten fünf bzw. sieben Wirtschaftsjahre vor dem Stichtag zu ermitteln. Je nach Verschonungsregelung (Regelverschonung oder Optionsverschonung) sind sodann 400 % bzw. 700 % dieser Lohnsumme einzuhalten. Bei Unterschreiten dieser Mindestlohnsumme, wird die Steuerverschonung nachträglich (anteilig) gekürzt.
Wenn hingegen ein Betrieb nicht mehr als 5 Beschäftigte hat, ist diese Lohnsumme irrelevant. Darauf zielte das Begehr der Klägerin.
Köpfe entscheiden
Das FG Münster hat klargestellt, dass es nur auf die Anzahl der Köpfe der Beschäftigten und nicht auf deren Arbeitszeitanteile (Teilzeit oder Vollzeit) ankommt. Relevant sind demnach die auf den Lohn- und Gehaltslisten erfassten Beschäftigten.
Auch geringfügig Beschäftigte sind nicht von der Ermittlung ausgenommen, da es auf den Erhalt des Beschäftigungsvolumens im konkreten Betrieb ankomme und hieran hätten auch die geringfügig Beschäftigten ihren Anteil. Gleiches gelte für Mitarbeitende, die noch in einem anderen Betrieb beschäftigt seien.
Der untote Geschäftsführer
Zudem sei auch der Geschäftsführer hinzuzurechnen, und zwar unabhängig davon, ob er am Stichtag geschäftsführende Gesellschafter oder Fremdgeschäftsführer war. Es ist aus erbschaftsteuerlicher Sicht auch irrelevant, ob er kündigungsschutz- oder sozialversicherungsrechtlich nicht als Arbeitnehmer gelten würde.
Ein wenig konstruiert wirkt hingegen die Begründung, dass auch der Erblasser aufgrund seiner vormaligen Eigenschaft als Geschäftsführer in die Beschäftigtenzahl einzubeziehen ist. Nach dem FG Münster sei insoweit nur entscheidend, dass die Lohnsummenregeln auf den abstrakten Erhalt von Arbeitsplätzen im konkreten Betrieb abzielten und der Geschäftsführer daher für die Berechnung fortan mitgezählt wird.
Keine Regel ohne Ausnahme
Hingegen werden Saisonarbeiter und auch auf 6 Monate befristete Arbeitsverhältnisse nicht in die Beschäftigtenzahl einbezogen. Dieser Personenkreis gilt im Sinne des § 13 Abs. 3 Satz 7 Nr. 5 ErbStG als „nicht ausschließlich oder überwiegend in dem Betrieb“ tätig.
Diese Entscheidung zeigt, dass bei der Ermittlung der Beschäftigtenanzahl eines Betriebs und der anhand dieser zu ermittelnden Ausgangslohnsumme für die Steuerprivilegierung verschiedene Kriterien zu berücksichtigen sind.
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Autor: Rechtsanwalt Dr. Deniz Hoffmann